AZERI - TEPPICHE
Erfolgreiche Wiederbelebung einer alten Teppich - Kultur
Einem teppichverliebten Amerikaner ist die Wiederbelebung einer alten türkischen Teppichkultur zu verdanken - den Azeris. Ihr Name steht für beste , handversponnene Wolle, Naturfarben, Knüpfqualität und die zeitgemäße Interpretation historischer Teppichmuster.
Nach der Flut der sogenannten Design- und Designerteppiche, die in den letzten Jahren den Markt überschwemmten, ist der Verbraucher der überbordenden Formen und Farben müde. Er sucht wieder das Echte, das Authentische, das Wertigkeit, Zeitlosigkeit und Geschmack verspricht.
In diese Lücke stoßen die Azeris, eine erst vor fünfzehn Jahren entstandene Teppichgattung. Der Name Azeri steht für beste, handgesponnene Wolle, Naturfarben, Knüpfqualität und - das macht ihren typischen Charakter aus - die Wiederbelebung einer alten Teppichkultur mit historischen Mustern, ohne sie sklavisch zu kopieren.
Die (Wieder-) Entdeckung der Azeris ist einem Mann zu verdanken: George Jevremovic. Der Amerikaner jugoslawischer Abstammung war nach seinem Studium Lehrer an der Englischen Schule in Istanbul. Nach der Hochzeit mit einer Türkin und dem intensiven Studium alter und neuer Orientteppiche eröffnete er eine Teppichgalerie in New York. Dabei war er überrascht über die große Nachfrage nach alten, antiken, dekorativen Teppichen, für die z.T. schwindelerregende Preise bezahlt wurden und kam auf die Idee, selbst Teppiche fertigen zu lassen, wobei hochwertiges Material, sorgfältige Knüpfung und Naturfarben seine Prämissen waren.
Der Anfang war nicht leicht, da auch in den Ursprungsländern des Teppichs kaum noch jemand etwas vom Färben mit Naturfarben verstand. Die vielen alten Geheimrezepte waren längst verloren gegangen und mußten mühsam wieder erforscht werden. Mittlerweile gibt es für Azeris in der Türkei wieder Färbereien, die ausschließlich mit Naturfarben arbeiten.
Höchste Ansprüche an Material und Knüpfqualität
Das Färben mit Pflanzenfarben ist schwierig, teuer und zeitaufwendig. Ein Beispiel: Für ein klares Rot braucht man je Kilo Wolle die gleiche Menge des Farbstoffes gemahlene Krappwurzel, der pro Kg ca. 10 DM kostet. Für ein schönes, nicht zu blasses Gelb benötigt man pro Kg Wolle sogar 2 Kg des Farbstoffes Färberwau. Generell ist das Färben mit Naturfarben eine Wissenschaft für sich. Gleichzeitig wird die Beschaffung der Rohstoffe immer schwieriger, da die biologische Färbung vor allem in der Türkei zunimmt. Daher werden bereits große Mengen der für Azeris benötigten Farbsubstanzen aus dem Iran importiert.
Hohe Ansprüche werden an das Flormaterial gestellt, für das ausschließlich hochwertige Wolle eingesetzt wird, die rund viermal so teuer ist wie Billigwolle. Auch beim Spinnen hat Qualität ihren Preis: Kostet preisgünstige, maschinenversponnene Wolle lediglich 2 DM / Kg, liegt der Marktpreis für Handversponnenes bei 15 DM / Kg. Das ist nicht nur siebenmal so teuer, es wird zudem immer problematischer, handversponnenes Material zu erhalten, da sich immer weniger Menschen für diese Arbeit zur Verfügung stellen.
Die Knüpfdichte ist mit ca. 100.000 Knoten / m² den alten Vorbildern ähnlich, etwa dem Heriz oder dem Bidjar. Dabei wird ausschließlich auf Baumwolle gearbeitet, was den Teppichen eine enorme Festigkeit verleiht.
Geknüpft wird der Azeri im Gegensatz zu fast allen anderen türkischen Teppichen im Ostteil des Landes. Die meisten Manufakturen befinden sich in der Umgebung von Erzurum, Adyaman, Dyabakir und Malatya. Die Teppiche werden dort nicht in Heimarbeit, sondern in großen Ateliers gefertigt. Das erleichtert die Qualitätskontrolle und erschwert zugleich Kopien, da weder Wolle noch Muster jemals die Manufaktur verlassen. Derzeit gibt es etwa 23 Knüpfereien, in denen rund 1.200 Arbeiterinnen beschäftigt sind.
Vorbilder der Azeris sind Knüpfwerke von Anfang dieses Jahrhunderts - Teppiche, die ursprünglich von den türkisch sprechenden Bewohnern Aserbeidschans (Aserbeijan) hergestellt wurden - daher stammt auch der Name Azeri.
Historische Mustervorlagen, zeitgemäß interpretiert
Zur Herstellung dieser Knüpfvorlagen werden die historischen Muster auf Millimeterpapier übertragen. Die Azeris sollen aber bewußt keine platten Imitationen der Originale sein. Deshalb wird nicht jedes Detail übernommen. Teilweise wird den Knüpferinnen - vor allem bei Streumotiven und kleinen Unregelmäßígkeiten - gar kein Muster vorgegeben und sie können sich in völliger künstlerischer Freiheit entfalten. Endprodukte derartiger Arbeiten sind die sogenannten Folklife - Teppiche. Da bei diesen Stücken ohne Mustervorlage die Arbeitszeit unweigerlich länger ist, sind Folklife - Teppiche auch teurer als herkömmliche Azeris.
Samsun die Steigerung des Azeri
Noch eine Stufe höher angesiedelt als die Azeris sind die Samsuns, deren Namen von der gleichnamigen Schwarzmeerstadt hergeleitet ist. Sie sind Nachknüpfungen iranischer und osmanischer Teppiche aus dem 15. Und 16. Jahrhundert, leicht veränderte Kopien von Edel - Stücken, die man sonst nur in Büchern oder Museen zu Gesicht bekommt. Außerdem sind sie noch wesentlich dichter und feiner als ein Azeri: Die Knüpfdichte beträgt ca. 360.000 Knoten, über 3,5 mal mehr, als ein Azeri aufweist.
Das Material ist ebenfalls handversponnene Qualitätswolle, die mit Naturfarben gefärbt wird. Sie kommt aus Ostanatolien, wo sie in der Nähe von Isparta speziell für die Knüpfung vorbereitet wird.